Nervenbündel auf der Suche nach Ruhe – Gut, dass Freunde auch Desaster aushalten und mit uns durch stressige Zeiten des Bordalltags segeln!

Nach 9 Stunden Schlaf fühlen wir uns immer noch hin- und hergerissen zwischen „ich-fall-gleich-ins-Koma-und-penn-noch-ne-Runde“ und „oh-mein-Gott-war-das-erholsam“, die letzten Tage hängen uns, schwer wie Blei, in den Gliedern. An Land wollen wir nicht, wir wollen weiter, sind auf der Suche nach einem ruhigen Ort, an dem man entspannen kann und  schlafen! Die Restreserven an Dopamin, werden zum aufkommenden Wind, aus den hintersten Ecken der Hirnwindungen gekramt und schenken uns noch ein wenig Segelmotivation. Die Lappen packen wir schnell aus und setzen Kurs auf Palermo. Innerlich geht, vor Vorfreude auf die Stadt und die Aussicht, auf schwellfreies, ruhiges Liegen, ein Feuerwerk los, unsere Mimik ist jedoch versteinert, wie die riesigen Felsen, an denen wir vorbeisegeln. Benedetto, aus der Marina Sitimar, wird kurzerhand angerufen damit wir ein paar Stunden Aufschub in der Ankunftszeit bekommen. Es ist das erste Mal seit langer Zeit, das der Wind richtig steht und wir segeln können, auch wenn es heißt das wir nur mit 3 Knoten voran kommen und uns damit um 2-3 Stunden verspäten. – Alles kein Problem meint Ben!

Palermo – Liebe auch noch nach dem zweiten Blick!

Ben schafft es, auf seine freundliche, herzliche und wunderbare Art und Weise, uns ein Lächeln zurückzuzaubern. Benedetto kennen wir noch vom letzten Jahr. Denn wie auch dieses, stand damals in Palermo der Motorservice an und er war unser Mann für alles Organisatorische. Dieses Mal haben wir es auch in seine Marina geschafft, die mehr Komfort bietet und näher an der Stadt liegt. Was er uns verschweigt – die Open Air Disco, die direkt am Ende des Pontoons liegt und bis 4 in der Früh zu Palermos heißen, mückengeplagten Nächten ihre Boxen wummern lässt! An Schlaf ist nicht zu denken. Schweißgebadet wird der Motor gecheckt und die Stempel ins Garantieheftchen gedrückt.

Typostreetart in Palermo! Das Leben ist so schön, wie du es bist! – Wie passend!

Morgendliche Nachbarn an der Pier – die Fischer werfen ihren Beifang für die Katzen auf die Straße, riecht manchmal recht übel dort.

Ich frage mich derweil ob ich etwas verdorbenes gegessen habe, denn die Magensäure kämpft sich ganz langsam, mit dem letzten Essen, den Weg Richtung Gaumen.

Wegignorieren, weitermachen! Schon beim ersten Besuch haben wir uns in Palermo verliebt, in die engen, bei Nacht, bedrohlich wirkenden, lichtlosen Gässchen, die ausgelassene Stimmung vor den Trattorias, die heruntergekommenen Häuserfassaden, die nach Staub und Müll riechenden Straßen, das Gewusel auf dem Markt und den Charme den man schwer in Worte fassen kann. Was Gutes wollen wir uns gönnen und schlendern in die Antica Focacceria San Francesco, wo wir uns bei Hauswein und frisch Gezapften so unglaublich vollfuttern, dass wir fast am Tisch einschlafen, würden die Stühle ein wenig bequemer sein. Ein Gelato im Brioche, was typisch für Sizilien ist, muss auf dem Rückweg aber trotzdem noch oben drauf! – Das haben uns unsere Nachbarn aus der Marina und auch Benedetto empfohlen. Das die Mindestbestellmenge Gelato im Milchbrötchen bei 3 Sorten liegt und das schmelzende Kunstwerk eigentlich als vollwertige Mahlzeit durchgeht, hat man uns nicht gesagt!

Gelato im Brioche! Eins hätte wohl gereicht!

Tino und Elfi vom Nachbarboot grüßen diabolisch grinsend, als sie uns die Wampen gen Marina wuchten sehen.

Auch nach dieser schlaflosen Nacht ist mir am Morgen mal wieder speiübel. Das geht jetzt so seitdem wir in Palermo angekommen sind. Mir wird’s zu unheimlich. Als ich in die Stadt radel um Brot zu besorgen, mache ich einen Abstecher in die Apotheke und kaufe mit Google Translate einen Schwangerschaftstest. Die nächsten zwei Wochen bekomme ich allerhand Werbung für Schwangerschaftsgedöns, Babyklamotten und Spielzeug, auch wenn der Test, unter hörbarem Aufatmen, negativ ausfällt. So langsam dämmert es!

Es sind die ersten Tage, nach langer Zeit, die wir uns nicht in ständiger Bewegung befinden – ICH BIN LANDKRANK!

Schnell die Leinen los und raus ins Geschwabbel! Wie verflogen das ekelhafte Gefühl in der Magen- und Speiseröhrengegend.

Frühstück <3

Wir verstecken uns vor den Gewittern.

Netter Weise wird die Hafenmole gerade noch verlängert!

Das Wetter zwingt uns in den nächsten Tagen einen Gang runter zu schalten. Immer wieder kommen Gewitter und starke Winde angerollt, ein paar Fitzel Regentropfen verwandeln ELMO in ein ocker farbendes Wassergefährt und wir suchen Schutz hinter dicken Hafenmolen, an hässlichen Orten, vor Anker. So schaffen wir es aber zumindest ein paar Stunden Schlaf abzugreifen. Die liparischen Inseln lassen wir links liegen, die Zeit reicht einfach nicht mehr aus. Es schwabbelt, wir schwabbeln, Mücken gieren nach Blut, egal wie sehr man sich einredet, dass man nun immun gegen die Biester ist. Die Straße von Messina ist dieses Jahr erstaunlich langweilig! Kein Wind, keine Welle, nur ein paar Schwertfisch-Fischer. Vor Taormina gönnen wir uns zwei Tage. Viel Schutz gibt es hier nicht, aber zumindest schwabbelt man nicht alleine in die totale Mondfinsternis mit Blutmond.

Gummitiere mit Füßen

Riesige Gewitterwolken türmen sich auf und sehen einfach nur phantastisch aus!

Ein riesiges Emoji ist uns ins Netz gegangen!

Unser Highlight dieses Jahr in der Straße von Messina – Die Schwertfischfischer, die hektisch ihre Kurse ändern und in schwindeliger Höhe Ausschau nach schlafenden Schwertfischen halten.

Blutmond vor Taormina

Diese Spiegelung auf dem Wasser!!!

In Taormina überlege ich mir 3 Mal ob ich schwimmen gehen soll.

Und entscheide mich für Aufräumen!

Land in Sicht – auch für unsere mentale Verfassung?!

Wir können gar nicht in Worte fassen, wie sehr wir uns auf die kommende Zeit freuen! Bald landet der lang ersehnte Flieger aus Deutschland, der Alena und Philipp zu uns bringt. Vielleicht genau das, was wir jetzt brauchen! Einfach mal wieder Abende im Cockpit sitzen, dummes Zeug quatschen, Zeit genießen, lecker Essen, was trinken, baden, Urlaub eben! Denn ganz ehrlich – wir sind mit den Nerven fertig! (Im letzten Blogeintrag kann man sich das noch mal zu Gemüte führen.) Wir sind gereizte Bündel, die alles auf die Goldwaage legen. Lachen ist schwer, Nettigkeiten noch mehr. Man funktioniert. Die Italiener stört das nicht, auch in Catania wird bis Nachts um 5 gefeiert. Im Hafen. In drei verschiedenen Open Air Diskotheken.

Catania!

Während sich drei verschiedene Tonspuren durch die Ohropax in unser Hirn pressen, die Mücken wie Aasgeier über dem Hafen schwirren und die Hitze in der Nacht nicht unter 32 Grad sinkt, versuchen wir, mal wieder, einfach nur zu schlafen!

NO FUNKTIONA!!! NIX, NADA, GARNIX! Wir haben da was unterschätzt! Die Hitze, die Natur, die Anstrengung. Und wir haben uns überschätzt! Gedacht das wir das schon rocken, einfach weiter machen, funktionieren. Doch dann geht der Spaß verloren, die Leichtigkeit, die Freude, der Blick für die kleinen tollen Dinge. Und das bekommen leider auch Philipp und Alena ab. Nichts funktioniert so, wie die 5 Male zuvor. Wir sind gestresst, sind getrieben, mit den Gedanken überall und nirgendwo, reden von „müssen“ und wollen doch eigentlich nur ganz schnell wieder Buchtenbummeln, ausgeschlafen sein und genießen können. Wollen aus Italien raus, werden vom Wetter gehindert, schmeißen Pläne über den Haufen, versuchen der Hitze zu trotzen, die unerträglich ist, eine kaputte Waschmaschine in Rocella Ionica entfacht eine Katastrophe, während Philipp, Alena und ich planlos zum Einkaufen marschieren. Matthias hat irgendwo, auf der Strecke von Sardinien bis hier her, das Vertrauen in die Crew verloren und ist gerade gar nicht der fröhliche, lustige, offene, immer gut gelaunte, lachende Mensch. Ich bin auch nicht wirklich umgänglich und zicke zwischendurch ganz schön rum, was Matthias zusätzlich volle Breitseite abbekommt.

Es ist eine Zeit, mit der ich mich nicht gerade gerne befassen möchte. All diese Dinge retrospektiv zu betrachten, fällt mir schwer und bricht mir bisweilen ein wenig das Herz. Geht es uns nicht gut, werden keine Fotos gemacht, was man an der Ausbeute an „guten“ Fotos erkennen kann und vielleicht auch daran, dass ich mich schon ewig davor drücke diesen Bericht zu tippen.

Und da kommt mir dieser blöde Poesiealbumspruch ins Hirn, der als geflügeltes Sprichwort, ab und an aus uns raus platzte „Mach es wie die Sonnenuhr, zähl die heiteren Stunden nur!“.

Endlich da!

Auf dem Weg in die Stadt zum Burgeressen.

Um Messina rum gibt’s seltsame Wellenphänomene!

Ich erinnere mich an einen wunderschönen Abend in Catania, als wir zum Sonnenuntergang loszogen um schon bald einen grandiosen Burger und Rippchen in uns aufzusaugen, an meine wiedererlangte Freude, am Amwindsegeln, mit breitem Grinsen und ner Masse Wind im Gesicht, am Fuß der Straße von Messina.

(Der Amwindkurs war eigentlich mal mein Lieblingskurs, erst dann habe ich so richtig Freude empfunden und bin ans Steuer gegangen, wenn das Boot so richtig schön schief lag, sodass das Laufdeck immer wieder mit Meerwasser geduscht wurde. Seitdem ich 2017 in Italien bei 2,5 Meter Welle, mit vollem Tuch und angesagten 15 Knoten einen Steuerfehler auf dem Wellenkamm machte – statt anzuluven bin ich abgefallen – eine Böe mit 34 Knoten ins Vollzeug sauste, die uns dann so dermaßen auf die Seite legte, dass ich dachte es wäre nun die letzte Welle unseres Lebens, Matthias steuerbordseitig über mir hing und sich trotz Lifebelt und Rettungsweste, am Bugkorb und Bimini festhielt, ich unter ihm, backbords, von oben bis unten einmal durchs Meerwasser gezogen wurde und einmal die Segel duschte, war schluß für mich. Ich hatte Angst am Wind zu fahren. Fand Raum- und Halbwindkurse nicht mehr langweilig sondern regelrecht spitze!)

Danke Messina, Amwind geht nun wieder, dank Reff und ohne Panikattacken!

Die Momente, wenn man einen Badestopp macht und im Adams- und Evakostüm ins Meer springen kann.

An den Geschmack von Parmesan und vom Strauch gepflückte Feigen auf der Zunge, während man durch die Nachmittagshitze vom Einkaufen zurückgeht.

An das Gefühl von Geborgenheit, das einfach so da ist, wenn die besten Freunde um einen rum sind.

An die Momente in denen man zu Musik in gemeinsamen Erinnerungen schwelgen kann.

Oder einfach nur in das lachende Gesicht der Menschen guckt, die einen aus den Gedanken reißen, weil sie das Talent haben, einen am helllichten Tag zu erschrecken.

An den Augenblick als dicke Tropfen aus einer Gewitterwolke prasseln, wenn man ein paar Sekunden vorher noch überlegt hat, wie man die Hitze aushält und sich nun vor Lachen und Kälte schüttelt.

Wenn plötzlich riesige Rundkopfdelfine an Elmos Bug auftauchen und in völliger Ruhe ihren Weg durchs Meer wandern und man diesen Moment mit Freunden teilen kann.

Und auch das gemeinsame Zigarettenpäuschen in der Nacht beim Wachwechsel einer Überfahrt, in der man geflasht ist, von der Schönheit der Dunkelheit, den Sternen oder den Quallen, die wegen der Biolumineszens leuchten, während sie unter Elmos Heck hervorsausen.

Bester Salat!

Unsere Steuerfachangestellte!

Wir haben es geschafft, wir sind auf Korfu angekommen!

Die Ankerbucht ist riesig, wir sind unglaublich happy und der Rum-Cola steigt instant ins Hirn! Im glasklaren Wasser wird geschwommen, Matthias bekommt endlich einen neuen Haarschnitt und die Jungs proben das Wasserskifahren mit Dinghy und Paddleboard.

Neue Friese in der Mache!

Nicer Scheiß!

Wir gönnen uns 2 Tage vor Anker, bevor wir in Gouvia in die Marina einlaufen und sogar eine Kölsch-Lieferung der Sea Tramp entgegen nehmen. Wir haben es doch tatsächlich geschafft Nina und Mario, nach genau einem Jahr, wiederzutreffen, was bei einem lecker Essen und einem Absacker auf ELMO zelebriert wird.

Die Sea Tramp

Vor Korfu Stadt treffen wir mal wieder die A.

Viel Schutz und nichts Schwabbelt – eigentlich alles gut oder?!

Beim Ankermanöver in einer schönen Bucht werde ich von hinten angebrüllt. Alles in mir versteift sich, die Tränen schießen direkt, auch wenn ich es mit allen Kräften zu verhindern versuche, in die Augen. Und da ist es wieder! Dieses beschissene Gefühl. Ich reiß mich zusammen um meine Worte ruhig über die Lippen zu bringen, als ich Matthias sagen will, dass diese Situationen sich häufen und ich damit nicht klar komme. Das es keinen Spaß macht und dass ich nicht bereit bin, unter dieser Kommunikation, das Leben an Bord weiter zu führen. Er geht fest davon aus, dass er nicht „lieb“ brüllen kann, auch wenn er beteuert das er das gerne würde und das es in keinster Weise böse gemeint war! (Da die Ankerwinsch und der Motor recht laut sind, ist es in manchen Situationen echt schwer sich über 11 Meter zu verständigen. Normal klappt sowas mit Handzeichen. In solchen Fällen, wenn der Ankergrund beschissen ist, bringen Handzeichen recht wenig. Wenn man dann noch latent gereizt ist, kann solch eine Situation zu einem ausgewachsenen Streit führen oder ist auch schon mal das Tüpfelchen auf dem i, was die Ehe zum brechen bringt, wie wir von anderen Seglern erfahren haben!) Und da befinden wir uns jetzt, im handfesten Zoff. Philipp und Alena verschwinden zum Spülen in ELMOs Salon, während Matthias und ich versuchen das Gedäh zwischen uns zu lösen. Matthias fühlt sich, als wäre er ein Riesenarschloch, ich weiß nicht, wie ich mich fühle, aber wir sind beide davon überzeugt, dass es ab nun wieder besser ist, die Funke mit vor zu nehmen, um sich in Ruhe, und ohne Brüllen beim Ankern unterhalten zu können. Man sagt ja, in einer guten Beziehung wird schon mal gezofft. Ich finds eher ziemlich nervenaufreibend, kräftezehrend und anstrengend. Ich glaub wichtig ist, dass man hinterher darüber spricht und vor allem respektvoll miteinander umgeht und hoffe, dass uns das niemals verloren geht!

Die Seven, die uns mehrere Tage verfolgte, oder wir sie.

Endlich Ruhe!

Paxos und Antipaxos verwöhnen uns mit sauberstem Meerwasser, einer phantastischen Unterwasserwelt zum Rumschnorcheln und einem wunderschönen Ort namens Lakka, wo man hervorragend speisen und flanieren kann. Seeigelskelette werden gesammelt, das Bimini zum Sternschnuppengucken weggepackt und auch Meganisi lässt uns schwellfrei Schlafen.

Ein Seestern gammelt rum.

Einfach mal abtauchen!

Seeigel haben es sich auch bequem gemacht.

Und ich bin im Element!

Ein toter Seeigel… oder was davon noch übrig bleibt.

Eine Ausstellung im Freien!

Leckereien in der Küche!

Kurz vor dem Kanal von Lefkas

Und weiter gehts. Über den Kanal von Lefkas führt eine Brücke, die Lefkas mit dem Festland verbindet. Jede Stunde wird die schwenkbare Brücke geöffnet und die Boote dürfen durch fahren, während die Autos warten müssen.

Ganz schönes Spektakel diese Kanalfahrt.

In Foki auf Kefalonia machen wir mal wieder an einer malerischen Felswand fest, die in einem von Zypressen gesäumten Waldstück liegt. Es ist Chartersaison und die Buchten sind rappelvoll. Gerade in einem kleinen Städtchen wie Fiskardo fällt das extrem auf, wenn all die Charterboote (64 Stück haben wir an einer Seite gezählt) im Päckchen an der Felswand der Stadteinfahrt liegen. Bei einem Spaziergang in die Stadt vertreten wir uns die Füße und fallen in einer wunderbaren Taverne ein, deren Koch uns ziemlich viel geilen Scheiß auf den Tisch kredenzt. Kugelrund machen wir uns auf den Verdauungsspaziergang zurück zum Boot. Über einen kleinen Pfad durch den Zypressen und Pinienwald, bevor wir uns in die Kojen werfen und den Magen im Schlaf das wunderbare Essen verdauen lassen.

Wie uns die Senile Bettflucht vor einem Schaden schützte.

Zum Glück wird Matthias seit Längerem von seniler Bettflucht geplagt und schaut am Morgen um 5 in die Wetterkarte. Ein riesiges Gewitter ist im Anflug. Es kommt von Sizilien, über Italien zu uns rüber und wird uns in ca. 1,5 Stunden treffen. Auf dem Weg hat es der Sea Tramp schon das Paddlebord mit 50 Knoten Wind um die Ohren fliegen lassen, Andy und Clair waren mehrere Stunden lost in einer Gewitterfront vor Capo d’Orlando und die Kiwis haben auch schon ihren Fett weg bekommen, was wir am Abend vorher noch über Facebook erfuhren. Diese Gewitterfront hat sich nicht, wie erwartet, über dem Meer aufgelöst, sie soll uns nun auch treffen.

Das sieht übel aus!

Schnell rüttelt Matthias mich wach, um zu besprechen wie wir weiter machen wollen. Wir brauchen alle Hände, damit wir uns noch in der einen Stunde, die uns bleibt, darauf vorbereiten können. Das Bimini muss weg, wie auch die Sprayhood, das Paddlebord soll verstaut werden, alle Fender aufhängen und der Zweitanker muss ausgebracht werden. Philipp und Alena springen sofort aus dem Bett als ich sie wach mache und packen mit an. Als wir fertig sind, wollen wir noch schnell einen Guten-Morgen-Kaffe trinken und eine Zigarette rauchen, doch dazu kommen wir nicht mehr!

Gerade fertig, geht es los!

Derweil im Salon

Böen peitschen durch die Bucht, binnen Sekunden sind wir alle pitschnass. Als es los geht und der Nachbar bedrohlich auf uns zu treibt, da sein Anker nicht hält, trötet Matthias die komplette Bucht mit dem Nebelhorn wach. Es ist halb 7 in der Früh. Mario, unser italienische Nachbar kommt, auf einem Auge schlafend, aus dem Inneren seines Bootes und verzieht sich sofort wieder nach unten. Als die nächste Böe runterrollt, liegt sein Boot schon auf ELMO drauf. Die Landleinen bringen nichts, sein Anker baumelt wahrscheinlich mit 5 Meter Kette auf 10 Meter Wassertiefe. Wir vier versuchen mit aller Gewalt die Boote voneinander weg zu halten während die Blitze über uns hinwegkrachen. Philipp zählt die Sekunden zwischen Blitz und Donner. Er muss nicht lange zählen. Das Gewitter ist über uns! Wir versuchen auf sämtlichen Sprachen klar zu machen, dass es eine verdammt heikle Situation ist und wir es begrüßen würden, wenn Mario und seine Frau diese nun endlich entschärfen würden, indem sie weg fahren. Doch Mario wirft eine Leine rüber und meint wir könnten sein Boot ja an unserem festmachen, Versicherungen würden ja für den Schaden aufkommen. Ich schaue ihn entgeistert an und halte ihm das Segelmesser hin, damit er seine Landleinen durchschneiden kann, denn diese hat er mit einem Auge (ist eine Schlaufe) auf den Klampen seines Bootes belegt und die Leinen sind so jetzt nicht mehr einfach zu lösen. Matthias macht klar das ELMO kein Charterboot, sondern unser Zuhause ist, weswegen Marios Frau endlich einlenkt und die 5 Meter Kette des Ankers hochzieht. Mario, noch nicht so ganz überzeugt von der ganzen Kiste, belässt es erst mal so wie es gerade ist. Mir wird die ganze Sache zu bunt als sich unser Mast und unsere Rigg fast mit seiner Rigg vereint. Ich bitte Alena die Kamera am Handy anzuwerfen, damit ich die Situation filmen kann, falls Schaden entsteht. Dann legt er widerwillig den Rückwärtsgang ein um die Landleinen zu lösen, unsere beiden Dinghys, die mittlerweile als Fender agieren, verknoten sich während dieser Aktion, in voller Fahrt Vorwärts hüpfen die beiden Dinghys hoch, es quietscht fürchterlich und ich warte nur noch auf den großen Knall! Ich weiß nicht, wie es Philipp geschafft hat, aber die beiden Dinghys sind dank seiner Hilfe entknotet und Mario ist schon gerade dabei, unseren Zweitanker mit seinem Kiel rauszureißen, während er vorwärts rausfahren will aber zu dicht an ELMO ist. Mit vereinten Kräften drücken Philipp und Matthias ihn von ELMOs Bug weg und die beiden Italiener wettern den Rest des Gewitters an einem sicheren Ort, vor der Bucht ab.

Vorbei der Weltuntergang!

 

Wir stehen im vollgepackten Salon, sind durchnässt und meine Hand blutet von der Dinghyverhaspelungsaktion. Ein paar Minuten später beginnen wir den Morgen neu, machen einen Kaffee, polieren mit dem Regenwasser die Niroaufbauten, an die wir nun endlich dran kommen, da der Sonnen-, Wind- und Regenschutz mal abgebaut ist, Philipp ledert die Fenster ab und sind einfach nur froh, dass nichts passiert ist!

Erleichterung!

Frisches Brot gibt es leider nicht, denn wir müssen feststellen das es unsere Brottüte ist, die da von Ameisen an Land aufgegessen wird, als Matthias sich gerade darüber echauffiert, dass mal wieder irgendein Affe seinen Müll an Land hat stehen lassen. Ich frag mich nur wie die Mülltüte es geschafft hat dem Gewitter Stand zu halten. Vielleicht war es auch am Morgen vor dem Gewitter… es ist mir entfallen!

Und wenn man ganz genau hinschaut… …entdeckt man unser Frühstück!

Drei Wochen sind schon vergangen seit die Beiden auf ELMO angekommen sind. Bald schon müssen wir „byebye“ sagen.

In Sami steigen die Beiden morgens in den Bus, der sie zum Flughafen auf Kefalonia bringt. Wir bleiben zurück, mit der Hoffnung, dass sie trotzdem nochmal einen Urlaub mit Pfeffer-Bickel-Chaos-Tours buchen und entscheiden uns dafür, dass wir demnächst gewissen Dingen mehr Achtung schenken werden.

  • To-Dos für den Tag realistisch planen, mit körperlicher Verfassung und mit Temperaturen, sowie dem Wetter abgleichen (denn bei 36 Grad kann man es nicht erwarten an einem Hafentag die Wäsche fertig zu bekommen, einen Großeinkauf zu machen und das Boot von innen, sowie von außen zu schrubben!)
  • Keine langen Strecken mehr unter Zeitdruck (keine 500 sm zwischen Ankunfts- und Abflugsort)
  • Weiterhin nur noch Familie und engster Freundeskreis als Besuch
  • Sich immer mal wieder zu Gemüte führen, das man Vertrauen in die Crew haben kann
  • Mit Ruhe und einer Portion Gelassenheit verschiedene Situationen angehen
  • Buchtenbummeln
  • Den Süden Italiens und auch Sizilien mit dem Boot zu bereisen ist 2 Mal in die Hose gegangen, also wird es ein drittes Mal wahrscheinlich eher nicht geben.
  • Ruhe antun!
  • Planen und To-Do Listen detaillierter aufbauen.

Auch, nachdem wir jetzt schon wieder eine ganze Weile gut schlafen, uns hinter schützenden Felsen, in tollstem Wasser aufhalten, müssen wir gestehen – es hat lange gedauert wieder einen ruhiges Gefühl zu haben, bis wir wieder ausgelassen die Stimmung des Bootlebens genießen konnten und sich unsere Gemüter wieder abgekühlt hatten. Freunde, also so echte, die, die man schon seit Jahren kennt, die wissen, wie man tickt und die Familie vermissen wir häufig, weswegen wir nicht bereit sind auf Besuch verzichten zu wollen.

Deswegen haben wir das alles noch mal ausgetestet. Wer als nächstes an Bord war, was wir bisher auf den ionischen Inseln erlebt haben, warum Baby-ELMO jetzt auf einem anderen Boot lebt und wie wir ein Erdbeben auf dem Wasser empfunden haben, gibt‘s das nächste Mal!

 

 

 

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