Wir werfen die Leinen los und sind raus! 1. April, raus aus der Marina! Das neue Antifouling hat sich schwer gelohnt, Elmo hat die Rennschläppchen an! Wir rasen bei erlaubten 4 Knoten mit ganzen 6 Knoten, trotz Gegenwinds, durch den Kanal. Es fühlt sich gut an. Wir sind wieder unterwegs! Die ersten Tage haben wir Meganisi fast ganz für uns alleine. Wir testen das doch noch sehr kalte Wasser. Während der Körper in Schockstarre verfällt, krächzen unsere Stimmen aufgeregt durch die Bucht, aber zum Baden muss es reichen! Schon bald hören wir ein bekanntes Geräusch und unsere Blicke täuschen uns nicht! Der kleine Lada von den Osterroths biegt um die Ecke. Drin sitzen Isis Eltern, die direkt mal auf ein Kaltgetränk und ein paar Snacks an Bord von ELMO gepaddelt werden.
Die Nächte sind kalt und vor allem sehr nass! Wir vermissen „Eros Entsafter“, unseren Luftentfeuchter, der jetzt auf einem schwedischen Boot Saunaluft produziert.
Nach ein paar Tagen in voller Einöde auf Meganisi, begeben wir uns auf den Weg nach Ithaki. Wir müssen mal wieder Wäsche waschen und auf Ithaki soll es den besten Waschsalon der Ionischen Inseln geben, inklusive Süßigkeiten, WiFi und Fernseher mit Netflix für die Wartezeit. Das müssen wir begutachten und freuen uns wie kleine Kinder, als wir die Einzigen sind, die den Waschsalon für den kompletten Tag okkupieren, unsere sämtlichen technischen Geräte laden, ein paar Fotos sichten und unzählige Serien auf Netflix speichern können. Beim Schlendern durch die noch sehr dürftig belebten Gassen riecht es nach Frühling. Der Flieder blüht und unzählige andere Blumen. Die Straßen sind noch leer aber dafür bunt.
Frühlingserwachen auf Ithaki
Wir bleiben nicht lange allein, die Ocean Wolf mit Pieta, Su und Rick kommt durch die enge Einfahrt. Die drei müssen erst mal ihren Außenborder reparieren, bevor es an Land geht. Am Abend bekocht uns Su mit ihren portugiesischen Kochkünsten, nachdem wir eine Rundtour auf der Ocean Wolf, eine Jongert 20s bekommen. Ein wahnsinniges Boot, durch den Motorraum kann man durchlaufen und er erinnert eher an den Keller meines Vaters, der mit der Werkbank und den tausend Schränkchen und Regalen ausgestattet ist. Das Verrückteste: Die Duschen und Badezimmer sind gefliest! Der Salon ist ein Tanzsaal, in dem ein Tisch steht, der sich drehen und absenken lässt. Vollkommen Wahnsinnig!
Das Wetter ist sehr unbeständig. Es pustet, es regnet aber zum Glück gewittert es nicht. Su und Pieta erzählen uns von einem Thai Restaurant in Fiskardo. Da wir uns schon seit Monaten nach der Nummer 00, 01, 06, 26 und 72 vom Krua Thai in Köln verzehren, steht fest – es geht nach Fiskardo! Geankert wird in Foki Beach. Dort haben wir mit Philipp und Alena das letzte Mal gelegen, als uns ein mächtiges Gewitter am Morgen die Haare zu Berge hat stehen lassen und ein Italiener mit 5 Meter Ankerkette bei 20 Meter Wassertiefe uns die Nerven raubte. Damals war die Bucht gepflastert mit Booten, die alle an Landleinen vor den Steinen hingen. Jetzt ist niemand da, außer uns! Beim Thai bleibt uns der Schnabel aber trocken, der hat nämlich noch zu und wir decken uns im kleinen Supermarkt, der zum Glück schon offen hat, für Thaifood auf ELMO ein. Es ist halt noch keine Saison! Im Dinghy knattern wir bei richtig viel Welle zurück und werden kräftig durchgeschüttelt. Zum Glück haben wir letztes Jahr noch unser altes Dinghy gegen ein Neues ausgetauscht. Mit dem Alten wären wir definitiv bei dieser Tour gesunken!
Familientreffen in Syvota
Das ionische Meer ist ein Teich! Man trifft definitiv auf Leute, die man kennt. So liegen wir wieder gemeinsam mit der Ocean Wolf vor Anker in Syvota, während Natalie und Lothar von der Cataluna (die lagen im Winter drei Monate lang gegenüber von uns am Steg in der Marina) am Town Quay festgemacht haben. Die Käse-Lauch-Suppe mit Corned Beef wird zum sehr geschätzten Essen an kalten Abenden. Mir juckt es in den Füßen und ich muss Laufen!
Die mangelnde Bewegung an Bord macht einen hibbelig.
Wie es halt so ist auf den Ionischen Inseln – es regnet viel, so verpasse ich schon mal den richtigen Moment und sitze klitschnass im Dinghy, weil ich es nicht geschafft habe, dem Schauer davonzufahren. Punkt für Matthias, der einfach auf ELMO bleibt und garnicht an Land will. In Syvota ist das Leben auch noch nicht wirklich erwacht. Doch zum Glück hat schon das Family Café offen und wir haben einen wundervollen Abend mit allen gemeinsam an einem großen Tisch. Allerdings gehen uns dabei die Zigaretten aus und einen Laden gibt es hier nicht. Per pedes 5 Kilometer den Berg in die nächste Ortschaft rauf? – Eher nicht! Lothar und Natalie fahren am nächsten Tag mit ihren Freunden noch mal nach Lefkas, die Männer wollen das Boot von den Freunden nach Syvota bringen und Pinky, der kleine Chihuahua von Lothar und Natalie, braucht einen Checkup beim Tierarzt. Auch wenn wir so an unsere Zigarettenlieferung kommen und noch ein paar Tage Syvota dranhängen könnten, zieht es uns weiter. In Nidri wollen wir ein letztes Mal Wasser auftanken, uns noch mal mit Conny zum griechisch Essen treffen und noch am Skorpios Pontoon bye bye sagen, bevor wir uns so richtig auf den Weg machen.
Petalas, unser „Medicane Hole“, hat uns wieder! Hier ist ja bekanntlich nix, außer Berge mit Ziegen und Ziegen mit Bergen. Man hat verdammt viel Zeit nachzudenken und so hat sich die Situation von Syvota, in der wir nach Zigaretten gierten, in mein Hirn gefressen. Während ich da so im Cockpit sitze und einen Sargnagel nach dem anderen wegqualme, merke ich, dass es eigentlich gar nicht wirklich gut schmeckt! Das ist der Zeitpunkt, der kommt so schell nicht wieder – das weiß ich!!!
Endlich Nichtraucher!
Endlich Nichtraucher?
In Valencia hatte ich schon mal solch eine Situation und hab nicht aufgehört, habe mich danach mega in den Hintern gebissen! Schnell das Buch „Endlich Nichtraucher“, das ich beim Ankommen in Lefkas im Büchertauschregal gefunden habe, rauskramen – vielleicht hilft es ja irgendwie dabei. Ich bin traurig, dass ich jetzt aufhöre, obwohl mir das Buch mit jeder Zeile einreden will, das ich mich gnadenlos darüber freuen sollte. Ich rauche gerne, nein eigentlich nicht nur gerne, sondern mit Leidenschaft und voller Hingabe! So wirklich daran glauben, dass ich jetzt damit aufhöre, tue ich nicht (auch wenn das Buch einem mantraartig einreden will, dass du hart an dich glauben sollst und dass es das Beste ist, was du in deinem Leben auf die Kette bringst). Aber man kann es ja mal versuchen, denn es ist und bleibt ’ne Scheiß-Angewohnheit, die nur schadet! Kurz nachdem wir den Anker gelichtet haben und um die Ecke Richtung Golf von Patras gebogen sind, ist das Buch zu ende und ich rauche mit vollem Bewusstsein die letzte Zigarette.
Als ich fast fertig bin, quasselt Matthias dazwischen und ich beschließe, dass ich die letzte Zigarette doch nicht bei vollem Bewusstsein geraucht habe und brauche eine weitere letzte Zigarette! – Fängt ja gut an!
Dann schwimmt uns noch eine kaputte Meeresschildkröte über den Weg, deren Panzer echt mies und zerstört aussieht, als hätte irgendwer diesem wundervollen Lebewesen einen riesigen Stein auf den Panzer geschmissen. Wir verständigen sofort die Delfin- und Meerestierrettung der Ionischen Inseln, in der Hoffnung, dass sie sich um das arme Wesen kümmern.
fehl am platz in Mesolonghi
Kurz darauf schlackern uns die Knie in der, nach unserem Gusto, zu seichten Zufahrt nach Mesolonghi. In dem Kanal stehen am Rand aufgereiht, kleine Ferienhäuser, die auf Stelzen gebaut sind. Alles hier ist sumpfig und eine Metropolregion für blutsaugende Fliegviecher. Ein Kran, der die Zufahrt ausbuddelt, versperrt uns den Weg und wir müssen backbords an ihm vorbei. Die dicken Stahlverankerungen, die ihn an Ort und Stelle halten, werden gelöst und man macht uns klar, wir sollen zackig überholen. Wir werden durchgepfiffen! Die haben wohl keine Zeit, im Gegensatz zu den restlichen Griechen, die wir so kennengelernt haben. Als wir in Mesolonghi ankern wollen, werden wir weggeschickt. Nach der Regatta, die gerade in dem Becken vor der Stadt ausgetragen wird, dürfen wir dort ankern, aber jetzt erst mal am Rand, da wo es schön seicht ist. Die Regatta dauert ein paar Stunden und irgendwann ist kein Bötchen mehr im Stadtbecken zu sehen, also beschließen wir umzuankern. Irgendwo mittendrin. Während Matthias sich seelenruhig seine Zigarette ansteckt, werde ich zunehmendst nervöser! Ich brauche Ablenkung! Laufen! Am Kiosk Lollies holen, laufen und einreden das es wundervoll ist, mit dem Rauchen aufzuhören, dass man sich was Gutes tut und so! Gereizt stapfe ich an Matthias‘ Seite durch Mesolonghi und knirsche mit den Zähnen, als wir nach dem Essen noch für ein Verdauungszigarettchen sitzen bleiben. Doch schon am nächsten Tag weiß ich, dass ich auf einem ganz guten Weg bin, als mir jeglicher Bock auf Zigaretten schwindet. Wir lernen ein junges Paar mit kleinen Kindern kennen, in der einen Hand ’ne Bierdose, in der anderen Hand ’ne Zigarette, wenn eines der Genußmittel leer läuft, wird direkt nachgelegt. Jedes Mal wenn die Kinder anfangen Kontakt mit den Eltern aufzunehmen, heißt es „ich muss mal rauchen, hier haste das Handy, spiel da drauf rum!“.
Ich weiss ehrlich gesagt nicht, ob er es genauso abschreckend wie ich fand, aber Jetzt hört auch Matthias auf zu rauchen.
Auch am nächsten Tag ist wieder geschäftige Regattazeit! Wir werden von unserem Ankerplatz vertrieben und sollen nun an den Town Quay. Wie auch zwei weitere Segelboote die dort vor der Stadt ankern. Wir sind mal wieder zu lahm und bekommen keinen Platz mehr und müssen so an einer 51er Bavaria vom hiesigen Sportverein längst gehen. Der Kassierer kommt und verlangt die Liegegebühren, dafür, dass wir eigentlich garnicht hier hin wollten und auch gleich, nach der Regatta wieder abdampfen, finden wir das schon ein wenig dreist wenn’s noch nicht mal Wasser gibt. Bezahlen können wir “heute oder morgen – egal!“, sagt der Kassierer, ankern wäre eh verboten, das Wasser stellt er uns widerwillig zur Verfügung, müssen wir aber selbst wieder ausstellen, wenn wir fertig sind mit tanken, denn dann wäre er nicht mehr da, aber aufpassen, das da kein Frosch oder keine Schlange am Ventil sitzt, das sich am Boden unter einer Platte versteckt! OK…
Diese Stadt ist irgendwie verrückt! Man hat das Gefühl, hier gibt’s wilde Geschichten aber keiner weiß, was die Wahrheit ist. Mauschelei, Rip-OFF oder good will…? Kein Plan, aber seltsam undurchsichtig! Jede Begegnung mit Menschen, sei es der Kassierer, die Leute, die in der Marina leben, die Küstenwache, der Regattachef oder die Menschen die auf dem Kran arbeiten, alle Begegnungen hinterlassen viele Fragen und ein seltsames Gefühl, so richtig willkommen fühlen wir uns nicht!
Vollgetankt haben wir die Regatta abgewartet, unsere Nachbarn haben auch ihre Wassertanks aufgefüllt und der Wind frischt auf. Wir wollen wieder vor Anker liegen, statt an einem seelenlosen Bötchen zu schurfen. Das mit dem Ankerverbot hat sich als Lüge rausgestellt, als wir die Coast Guard trafen und sie fragten, ob es wirklich verboten wäre vor Mesolonghi zu ankern. Also Haken rein und noch eine Nacht hier bleiben und auf gutes Wetter warten. Als wir am nächsten Morgen zum Kassiereroffice tuckern und wirklich zum Bezahlen kommen, hat der Kassierer wohl ein schlechtes Gewissen und macht uns ungefragt 3 mal kürzer und damit billiger. Verrücktes Griechenland! Tschau Mesolongi – Du bist seltsam! Von außen betrachtet, bist du echt hässlich, doch im Kern ganz hübsch und einen Spaziergang wert.
Passt ELMO da durch?
Die Saison fängt gut an, wir segeln mehr als das wir den Motor anschmeißen müssen, doch unter der abgefahrenen Rio-Andirrio-Brücke müssen wir den Motor an machen und das Wetter zeigt sich mal wieder nicht von seiner schönsten Seite. Aber wir passen durch ;)!
Nafpaktos – ein kleines venezianisches Schmuckkästchen!
Ein wahnsinniges Erlebnis erwartet uns in Nafpaktos. Wir können im Mikrohafen des Schmuckkästchens festmachen. Ein Hoch auf die Nebensaison! Den Spaziergang durch die Stadt heben wir uns für den nächsten Tag auf und hoffen auf gutes Wetter. In der Nacht kommt doch tatsächlich die seelenlose 51er Bavaria aus Mesolonghi und quetscht sich noch neben uns.
Passt nicht? – Nicht in Griechenland, hier passt alles und wenn nicht, dann wird’s halt passend gemacht! ohne Rücksicht auf Verluste!
Unangenehm! Am nächsten Morgen flüchten wir vor die Stadtmauern und gönnen ELMO Platz zum schwojen, frei vor Anker ohne Kuschelpartner. Wir fahren mit dem Dinghy in die Stadt und ich kann das erste Mal am eigenen Leib erfahren, wieviel mehr Luft ich jetzt schon habe, als ich im Laufschritt den Berg hochhechte und Matthias keuchend verkündet, was für eine blöde Erfindung doch Spazierengehen ist, doch ebenfalls sehr erstaunt ist, wieviel Luft er schon nach zwei Tagen Nichtrauchens hat! Ich will ganz nach oben zur Burg, denn die haben die Venezianer im Mittelalter so stark befestigtet, dass 1477 ein 30.000 Mann starkes osmanisches Heer nach viermonatiger Belagerung erfolglos wieder abziehen musste. Und die Bauweise ist so alles andere als griechisch! Und es gibt endlich mal was anderes zu sehen, als umgefallene Steine, die man sonst so bewundern kann. Oben angekommen erfahren wir, dass die Burg dienstags geschlossen hat. Und welchen Tag haben wir wohl? – KLAR! DIENSTAG!!!